Heimatblatt Nr. 063
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Inhaltsverzeichnis
Leseprobe
150 Jahre Verschönerungsverein Bacharach e.V. 1873 - Teil 1 (Fritz Stüber und Heinrich Stüber)
1873 bis 1945
150 Jahre Verschönerungsverein Bacharach 1873 e.V., (das sind) Generationen von engagierten Bürgern, das hört sich nicht nach einem PopUp-Verein an. Erinnern wir an das Gründungsjahr 1873. Ganze Straßenzüge waren durch Feuerbrände zerstört. Stadtmauer, Türme, Wernerkapelle und Burg Stahleck waren Ruinen. Der Wind und die Spatzen pfiffen durch leere Fenster und Mauern. Bacharacher Bürger griffen zur Selbsthilfe und zogen sich wie einst Münchhausen am eigenen Schopf in die Zukunft.
In den 150 Jahren wurde manches verschönert, gleichwohl wurde auch vieles neu geschaffen und gestaltet und damit entscheidende Akzente für Bacharach neu gesetzt. Hierbei wurde auch immer Sorge dafür getragen, dass die Gestaltungsideen mit der nötigen Finanzierung in die Tat umgesetzt werden konnten.
Der Bau der Eisenbahn 1857 bis 1859 brachte mit seinem Bahndamm Bacharach ein neues Gesicht. Um dem aufkommenden Rheintourismus Rechnung zu tragen, verbreitete man bereits 1877 den Fußweg entlang des Bahndamms, stellte Sitzbänke auf und pflanzte eine Platanenallee (Bild Heftrückseite). Weiter wurde eine Kastanienallee in der heutigen Mainzer Straße und Koblenzer Straße gepflanzt. Die Eisgänge von 1879 und 1893 schädigten schwer die Anpflanzungen am neuen Rheinufer. Der Rabenkopf und die Vogtswiese wurden durch Wegeanlagen und Ruhebänke in das Tätigkeitsfeld einbezogen. Die wirtschaftliche Entwicklung verbesserte sich in den 1890er Jahren wesentlich und der Fremdenverkehr wurde in den Aufgabenkreis integriert. 1890 errichtete man in Höhe der Marktstraße eine Buhne mit Kopfstation und pflanzte eine Platanenallee, an der 1892 eine Landebrücke für die KölnDüsseldorfer Touristenschiffe montiert wurde. Kosten 6.500 Mark. 1900 wurde der erste Fremdenführer für Bacharach gedruckt, dem viele Neuauflagen folgten. Die schon seit 10 Jahren bestehende Idee der Rheinanlage konnte nach Klärung der Eigentums- und Finanzierungsverhältnisse durch großzügige Spenden der Bürger gelöst und im Mai 1902 mit dem "Geisenheimer Plan" verwirklicht werden: Ein touristischer Meilenstein für Bacharach bis heute! Ein Beispiel davon, was Menschen vollbringen können, wenn sie zäh und beharrlich ein Ziel verfolgen.
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Menschenstimme in Bacharach zurück - Orgelsanierung St. Peter (Christian Binz)
1873 bis 1945
In heutiger Zeit tritt in Orgeln - klima- bzw. heizbedingt - häufig Schimmel auf. Auch die Orgel der Bacharacher evangelischen Peterskirche war stark vom Schimmel betroffen. Seit der Feststellung hat es einige Jahre gedauert, bis eine Sanierung in Angriff genommen werden konnte. Diese wurde 2023 durch die "Meisterwerkstätte für Orgelbau Rainer Müller" in Merxheim (Nahe) durchgeführt. Dabei wurde auch ein. abhandengekommenes Register, die Vox humana, wieder eingebaut. Die Arbeiten konnten im Oktober abgeschlossen werden. Es folgte noch die Abnahme des Orgelbausachverständigen der Landeskirche (Evangelische Kirche im Rheinland). Das Einweihungskonzert soll im Frühjahr mit Lukas Stollhof (Oberwesel) stattfinden, es ist auf den 12. Mai 2024, 17 Uhr, terminiert.
Die Stimmen der Orgel - ein ganzes Orchester
Eine Orgel stellt ein ganzes Orchester dar. Für unterschiedliche Klangfarben gibt es unterschiedliche Register (Pfeifenreihen), hier sind es 26. Sie können durch Registerzüge ein- und ausgeschaltet werden. Zusätzlich beeinflusst noch die Tonhöhe des Registers den Klang, sie ist meist von der Pfeifenhöhe abhängig. So wird die Tonhöhe eines Registers durch die Länge der Pfeife mit dem tiefsten Klang angegeben; es wird das alte Längenmaß Fuß (1 Fuß entspricht ca. 30 cm) verwendet. Bei einem Register mit der normalen Tonhöhe hat die tiefste Pfeife eine Länge von ca. 2,40 m (dies entspricht 8 Fuß, geschrieben 8'). Eine Oktave höher benötigt nur die halbe Länge, also 4', eine Oktave tiefer die doppelte Länge, also 16'. Zu beachten ist, dass die Pfeifen des Registers nicht tatsächlich so lang sein müssen, wie angegeben, sondern nur der tiefste Ton eine entsprechende Höhe hat.
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Was die Degussa in Frankfurt mit Bacharach zu tun hatte (Carl Torchiani)
Die Frankfurter Industriellenfamilie Roessler stammt ursprünglich aus Bacharach und kann dort über mehrere Generationen nachgewiesen werden. Ihre Mitglieder waren vorwiegend als Schlosser- und Drehermeister tätig. Johann Peter Rösler, Sohn von Johann Jakob und Sofia Margarete Rösler, wurde am 3. Februar 1733 in Bacharach geboren. Er ging um 1770 als Hofdreher nach Darmstadt.
Sein Sohn, Hektor Johann Roessler, geboren 1779, absolvierte eine Mechanikerlehre, arbeitete in Jena, Gotha, Stuttgart und Paris und war schließlich als Universitätsmechanikus in Gießen tätig.Im Jahr 1806, nach dem Tod seines Vaters, kehrte er nach Darmstadt zurück und gründete eine mechanische Werkstatt. 1817 wurde er großherzoglich-hessischer Münzmeister und machte durch sein Können die Darmstädter Münze zu einer der modernsten ihrer Zeit. Seine Werkstatt wurde nach seiner Ernennung zum großherzoglich-hessischen Münzrat in eine Münzmaschinenfabrik umgewandelt. Nach seiner Pensionierung übernahm sein Enkel Hektor die Fabrik, er starb jedoch jung. So führte dessen Vater, Johann Hektor, die Firma weiter.
Ein anderer Sohn Hektor Johanns, Friedrich Ernst, gilt als Ahnherr der Frankfurter Linie und Wegbereiter der später Degussa, heute Evonik. Nach intensiver Ausbildung erhielt er eine Beamtenstelle bei der neuen städtischen Münze der Freien Stadt Frankfurt am Main und wurde dort Münzwardein. Dieser wurde vom Münzherrn beauftragt, den Münzmeister zu kontrollieren und die Münzen auf ihr Gewicht sowie ihren Feingehalt der verwendeten Metalle und Legierungen zu prüfen. Zeitgleich erhielt er den Auftrag, eine Edelmetallscheideanstalt einzurichten. Diese führte er als Privatunternehmen und unabhängig von der städtischen Frankfurter Münzprägeanstalt. Nachdem die Preußen 1866 die Herrschaft über die Stadt bekamen, endete die Doppelfunktion des Frankfurter Münzwardeins. Er blieb weiterhin Beamter, musste aber seine unternehmerische Tätigkeit beenden.
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Die Grabplatte des Friedrich Brenner von Manubach (Dr. Dagmar Aversano-Schreiber)
Wenn man den Westflügel des Kreuzgangs der ehemaligen Klosterkirche Eberbach im Rheingau besucht, kann man eine stark abgenutzte rechteckige Grabplatte aus gelbem Sandstein, die aufrecht an der Wand aufgestellt ist, sehen. Sie ist lediglich durch ein Wappenschild mit einem nach rechts schreitenden gekrönten Leoparden geschmückt.
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11. November 1341: Ritter Friedrich Brenner vom Stein (von dem steyn) und seine Frau Lisa stiften ihr Gut zu Weitersheim mit dem Hof und allem Zubehör dem Kloster Eberbach für eine ewige Messe an dem Altar, vor dem sein Vater und seine Mutter begraben liegen.
Notariatsinstrument Siegel des Ritters Brenner vom 27. Februar 1348: Der Ritter Brenner von Manubach und seine Frau Lysa bestimmen vor dem Notar Heinrich, Sohn des Johannes von Verden, Kleriker der Lübecker Diözese, testamentarisch den Abt und Prior des Klosters Eberbach, wo sie sich ihre Ruhestätte erwählt haben, zu ihrem Testamentsvollstrecker und verfügen über einzelne Legate. Darunter befinden sich mehrere für die Pfarrkirche zu Manubach, insbesondere für den dortigen Marienaltar, die Kirche in Ober-Ingelheim, die Zisterzienserinnen zu Ingelheim, die Nonnen zu Hausen bei Ingelheim, die Nonnen in Kumbd, die Minderbrüder zu Oberwesel, die Kapläne und Altaristen zu Diebach, den Altaristen der Kirche zu Dorrenbach, die Kapläne auf den Burgen "Zu dem Steine" und Kallenfels (im Nahetal bei Kirn gelegen), die Nonnen auf St. Rupertsberg. Geschehen im Tal Manubach im Wohnhaus des Ritters Brenner in dessen Schlafkammer vor genannten Zeugen, darunter der Pfarrer Jakob und Kapläne der Kirche im Tal Manubach.
Tatsächlich wurde die Burg Gutenburg, im Landkreis Bad Kreuznach gelegen, auch Weitersheim genannt. Um 1200 erbaut befand sie sich 1213 im Besitz des Ritters Wolfram von Stein, 1334 ging sie in den Besitz der Grafen von Sponheim über. Bei dem in der Urkunde erwähnten Gut kann es sich also nicht um die Burg selbst handeln, sondern um ein in diesem Bereich gelegenen Gutshof.
Die im Seelbuch des Klosters Eberbach genannte Elisabeth "uxor domini Brenner de Dippach" war vielleicht Friedrichs Ehefrau Lisa. Die Namen von Stein und Brenner tauchen im Mittelalter öfters auf. Allerdings soll die "Wiege" des Adelsgeschlechts der Brenner von Lahnstein in Oberdiebach gestanden haben.