Schriftenreihe - Nr. 35

Kriegserinnerungen 1914 - 1918

Titelbild :

Friedrich Ludwig Kurz als Soldat im 1. Weltkrieg

Autor :

Friedrich Ludwig Kurz (✝ 1981)
unter Mitarbeit Carl Torchiani

Herausgeber und Verleger:

Verein für die Geschichte der Stadt Bacharach und der Viertäler e. V.
Postfach 1139
55419 Bacharach

Reproduktion und Layout:

Walter Zahn, Oberdiebach

Druck:

PSL Printservice Listl, 55411 Bingen

Erschienen

2018

Seiten

62

Preis:

3,50 EUR

Inhaltsverzeichnis

  • Vorwort
  • Kriegsbeginn
  • Erste Gefechte
  • Schwere Verwundung
  • Im Feldlazarett
  • Im Lazarett in Essen
  • Weihnachten zu Hause Leseprobe
  • Wieder im Dienst
  • 2. Teil der Erinnerungen
  • An der Ostfront
  • An der Westfront
  • Ende des Krieges und Heimkehr
  • Kriegsteilnehmer und gefallene Mitbürger / 1. Weltkrieg (1914 - 1918)

Leseprobe

Die Bescherung war schon vorbei, als ich wie ein verspätetes Christkind bzw. wie ein Nikolaus zu Hause ankam. Über die Festtage, weil ich die gewohnte Krankenkost nicht hatte, mußte ich zu Bett liegen, hatte aber steten Besuch von Freunden und Bekannten, vor allem aus den Familien der Kriegskameraden. Viele waren es nicht mehr, die noch draußen waren beim Reserve-Regiment Nr. 25. Verwundet! Gefallen! So lautete die oft bittere Post.

Alles, auch ein Urlaub, geht vorbei. So meldete ich mich am 4. Januar 1915 beim Bataillonsarzt zurück, aber ohne Lazarett-Entlassungspapiere, die ich bei dem Feldwebel als Sicherheit hatte liegen lassen müssen. Der Arzt ließ diese holen, blätterte darin hin und her und suchte die Wundstelle lange ab. Es kam der Befund: "D. U!" - Dienstunfähig! Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich sagte dem Arzt: "Solange der Krieg nicht aus ist, fühle ich mich verpflichtet, draußen dabei zu sein." "Wenn ich diese Absicht hätte, müßte ich mich freiwillig dazu melden", meinte der Arzt. Nach ihren Dienstvorschriften könnte kein Arzt mich felddienstfähig schreiben. Da ich sicher Angehörige hätte, sollte ich mir die Sache gut überlegen. Falls ich es wünsche, wollte er mir zehn weitere Urlaubstage geben. Mit einem herzlichen "Vielen Dank!" ging ich zur Bataillons-Schreibstube zur Einteilung auf die Kompanie. Auf meinen Wunsch wurde ich in die 2. Kompanie zu dem dicken Feldwebel eingewiesen. Diesmal bekam ich den Urlaubsschein sofort.

In diesen 10 Tagen Urlaub erlebte ich die Rückkehr meines Selbstvertrauens, suchte mich nützlich zu machen und arbeitete, wo es galt, mit. Die nächste Untersuchung war schnell erledigt. Die Frage des Bataillons-Arztes, ob ich bei meinem Vorhaben bleiben wolle, beantwortete ich mit "ja!" - "Somit bleibt mir nur noch übrig, das Krankenblatt abzuschließen", sagte der Arzt und beendete die Untersuchung. Im Gespräch bleibend, meinte er, es interessierten ihn die Gründe dafür.

In kurzen Worten führte ich aus: "Mein älterer Bruder war kein Soldat und wird wegen Halsdrüsenerkrankung kaum einer werden. Wenn ich nun voll arbeitsfähig dazukäme, wären wir zu zweit in einem Betrieb in der Zeit, wo in vielen Betrieben gar keine Hilfe sei, da die männlichen Arbeitskräfte gänzlich fehlten. Mein Vater als Gemeindevorsteher bekäme bestimmt vieles zu hören und müßte auch mit Schwierigkeiten rechnen. Genauso, wie im allgemeinen die Landbevölkerung mitfühlend und mithelfend ist, kann auch das Gegenteil der Fall werden."

Bei der Ausführung meines Vorhabens zeigte sich die Kompanie, besonders der Feldwebel Dillmann, recht ablehnend. Die Kompanie, sagte er, habe zur Zeit mindestens 50 Unteroffiziere, die aber, da diese alle garnisonsdienstfähig sind, die Kompanie belasten. An noch mehr bestehe daher kein Interesse. "Selbstverständlich kenne ich die logische Folge meines Schrittes", wandte ich ein, "bei dem ersten Transport nach vorn bin ich dabei!"